Kröpeliner-Tor-Vorstadt (OZ) - Emotionsgeladene Diskussion gestern Abend im Waldemarhof zum Thema Integration und Aufarbeitung der ausländerfeindlichen Randale vor 20 Jahren in Lichtenhagen: Rostocker diskutieren über die Notwendigkeit des Erinnerns. Darüber, wie die Stadt ihre Willkommenskultur für Zuwanderer verbessern kann. Über die Qualität der Arbeit mit Migranten gehen die Meinungen auseinander. Gudrun Heinrich, Uni Rostock, verweist auf die damalige Situation „einer Gesellschaft in Transformation“: Alle hätten versagt — Politik, Polizei, Medien, die komplette Zivilgesellschaft. Die Lage habe sich durch die Diskussion zur Abschaffung des Asylrechts in Deutschlands zugespitzt. Nach Lichtenhagen kamen Mölln und Solingen — mit Toten. Heinrich: „Erst dann ist die Gesellschaft aufgewacht.“

Fotos von der Mitgliederversammlung 2012 findet man hier.

"Das Problem heißt Rassismus", Patrick Gensing nimmt im Tagesschaublog Bezug auf eine aktuelle Studie des IPV.

"Vorpommerns Bürger gegen den Rassismus" - Ein Beitrag mit Statement von Vereinsmitglied Dr. Gudrun Heinrich

In Rostock wundert man sich über die Affäre Drygalla. Von Nationalen Sozialisten wollen die meisten hier nichts gehört haben. Kein Wunder – die Rechten treten öffentlich kaum in Erscheinung. (...)
Was sind autonome Nationalisten? Sie haben in ihrem Erscheinungsbild nichts mehr mit den rechten Skins der 90er-Jahre gemein, die in Springerstiefeln und mit Baseballschlägern auf die Straße gingen. Autonome Nationalisten sind kaum von linken Autonomen zu unterscheiden: Sie tragen Kapuzenpullis, Baseballmützen und Sonnenbrillen und haben nichts gegen amerikanische Popkultur. "Die sind äußerlich nicht erkennbar", sagt die Rechtsextremismus-Expertin an der Universität Rostock, Gudrun Heinrich. Im Gefüge der rechtsextremistischen Szene Mecklenburg-Vorpommerns spielten diese urbanen Gruppen allerdings keine "große Rolle. "Der Rechtsextremismus zieht seine Stärke aus dem ländlichen Raum", sagt sie. "Indem er die sozialen Probleme der Menschen für seine Zwecke ausnutzt, besetzt er die Räume, aus denen sich der Staat zurückgezogen hat." (...) Link 

"20 Jahre nach den rassistischen Ausschreitungen von Lichtenhagen haben Politikwissenschaftler und Studenten der Universität Rostock die Aufarbeitung der damaligen Gewalt als unzureichend kritisiert. In einer gestern vorgestellten Veröffentlichung des Instituts für Politik- und Verwaltungswissenschaften wird unter anderem bemängelt, dass es bis heute keinen dauerhaften Ort des Erinnerns und Gedenkens an die Ereignisse gibt. Die Wissenschaftler schlagen eine museale Dauerausstellung vor, die dem Ausmaß der rassistischen Anschläge und Pogrome im wiedervereinigten Deutschland angemessen Rechnung trägt. (...)"

"Wissenschaftler analysieren den Fall Lichtenhagen — und fordern von Rostockern endlich offene Aufarbeitung. (...) Thomas Prenzel, wissenschaftlicher Mitarbeiter im IPV an der Uni Rostock zögert nicht, hart ins Gericht zu gehen. Mit Politikern, die einst auf dem Rücken der Asylsuchenden die bundespolitische Debatte um das Asylrecht zu beeinflussen suchten. Mit der Justiz, die sich desinteressiert gezeigt, erst elf Jahre später Urteile gesprochen habe. Mit den Medien, die bis jetzt teils unkritisch Vorurteile transportiert hätten. Der 30-Jährige will nicht pauschal verurteilen. Monate hat er sich mit dem „Fall Lichtenhagen“ beschäftigt — den Tagen im August 1992, als rassistisch motivierte Gewalt in Rostocks Straßen eskalierte. Er hat das Zeitungsarchiv gewälzt, Protokolle der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse gelesen. Das Ergebnis: Unter dem Titel „20 Jahre Rostock-Lichtenhagen“ hat Prenzel eine 88-seitige Publikation vorgelegt, erschienen in der Reihe „Rostocker Informationen für Politik und Verwaltung“. Das Ergebnis: Unter dem Titel „20 Jahre Rostock-Lichtenhagen“ hat Prenzel eine 88-seitige Publikation vorgelegt, erschienen in der Reihe 'Rostocker Informationen für Politik und Verwaltung'“. (...)"

Donnerstag, 23.08.2012, Waldemarhof, 19-21 Uhr
Im August 2012 jähren sich zum 20. Mal die ausländerfeindlichen Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen. Dieses Datum soll Anlass sein, um sich mit der Frage zu befassen, welche Chancen in der Zuwanderung und Integration für Rostock und Mecklenburg-Vorpommern liegen, welche Rahmenbedingungen die Stadt und das Land diesbezüglich bieten und welche Probleme noch existieren.Es diskutieren: Dr. Wolfgang Richter (Zeitzeuge und ehem. Integrationsbeauftragter der Hansestadt Rostock), Lorenz Caffier (Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern), Juri Rosov (Migrantenrat Rostock), Dr. Liane Melzer (Senatorin für Jugend und Soziales, Gesundheit, Schule und Sport, Kultur der Hansestadt Rostock) Die Podiumsdiskussion wird von Dr. Gudrun Heinrich (IPV) eröffnet und von Stefan Horn (NDR) moderiert. Der Eintritt ist frei.

Die Promotion von Vereinsmitglied und Alumnus Florian Flörsheimer mit dem Titel "Transformationsprozesse des Sicherheitssektors im Neoliberalismus" ist nun im Buchhandel erhältlich.